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7. Dezember
 
Seine eigene Sprache

Die junge attraktive Mutter bringt sehr aufgeregt ihren 5-jährigen Sohn hierher. Sie trägt ihn – er zappelt und brüllt und wehrt sich. „High-Tension“ im Korridor. Das kennen wir.
Ich bitte die Mutter, sich zu setzen und den Sprössling erstmal loszulassen. Sie deutet mir an, dass das nicht geht und flüstert: „Er ist Autist und ist mit dem Fuss ins heisse Wasser“. Wir wissen hier von vielen Kindern, die als Autisten diagnostiziert werden, ohne wirklich Autist zu sein. Ein Symptom von autistischem Verhalten reicht hier aus, um für immer eben schubladisiert zu sein. Ich gucke den jungen Mann von der Ferne an. Der ganze Fuss bis zum Knöchel ist schwer verbrannt und infiziert. Im Krankenhaus haben sie dem Kleinen ziemlich gewaltvoll die Haut abgezogen, dann hat er sich so gewehrt, dass sie mit der offenen Wunde nach Hause geschickt wurden. Man braucht kein Autist zu sein, um bei dieser Behandlung panisch jeglichen Kontakt in Zukunft zu vermeiden.

Nun: Erstmal ist Kontaktaufnahme dran. Ich weiss, es wird spannend. Der Junge wirkt selbstbewusst und entschlossen, sich keineswegs ein weiteres Mal seinen Fuss irgend-jemanden zu überlassen. Die Mutter sagt, dass er kaum spricht und wenn, dann nur in Englisch. Ich lasse ihn einfach erstmal in Ruhe, bringe einen Ball, ein Buch und den Antonio. Ich beachte ihn nicht, bis er von selbst auf mich neugierig wird. Er spricht nun plötzlich seine eigene Sprache, brüllt nicht mehr. Ich greife seine Laute auf und antworte mit ähnlichen Lauten. Das findet er wohl cool. Ich sage ihm auf Englisch, dass ich weiss, dass sein Fuss weh tut. Und wenn er will, dass er nicht mehr weh tut, dann kann er in die Ambulanz kommen oder wir schauen die Wunde im Korridor an. Die Mutter nimmt ihn und bringt ihn kurzerhand in die Ambulanz. Er sitzt auf der Liege und möchte runter. Ich zeige ihm, dass man die hochfahren kann, was er wohl lustig findet. Dann sage ich ihm wieder auf Englisch, dass er der Chef ist, auch von seinem Fuss und nicht ich. Ich lade ihn ein, dass er selbst mal nach seinem Fuss guckt und ihn mir dann zeigt. Die Mutter ist erstaunt. Der Sohn wird langsam ruhig. Er spricht nun wieder in seiner eigenen Sprache und ich nehme wieder seine Laute auf. Wir unterhalten uns gut. Ganz scheu und kurz streift mich sein Blick. Dann lautiert er nervös. Ich lautiere ruhig zurück. Dann wage ich einen Vorstoss:
„Guck, das ist die Creme, die deine Wunde heilen könnte!“ Ich nehme einen Klecks der Flammazine und schmiere sie auf seine Handfläche! Er guckt. Dann gebe ich ihm die Kompresse in die Hand und schmiere in seiner Hand die Flammazine drauf. Und dann: „So und Du bist nun der Chef und tust die Kompresse auf Deine Wunde!“ Das macht er glatt und die Mama fällt fast in Ohnmacht. Und wir schaffen es, dass alles gut über die Bühne geht. Dann schenke ich ihm ein kleines Spielzeugauto. Und der kleine Mann: „Is this a present for me?“  Ich nicke und sage ihm, dass er das wirklich verdient hat.

Dann zieht er ab und in der Tür zeigt er nochmal auf mich und sagt laut zu seiner Mutter:
„Mam, this is another doktor!“  Ich winke ihm zu und antworte „I am not a doktor, i am your friend, ok!“ 
Ja, ich habe nun einen kleinen Freund, der mir gerade seine eigene Sprache beibringt.