Unsere Klöster

-------------------------------
-------------------------------
Foerderverein
Magdalenastiftung
Adventskalender 
aus unserem
Kloster in Albanien
bisher geöffnete Fenster
k42
c42 Adventsfenster

22. Dezember
Im fünften Stock

Miriam und ich werden von Schwester Michaela in der Innenstadt abgesetzt. Es ist derzeit fast unmöglich, einen Parkplatz zu ergattern. Auf der anderen Strassenseite gibt ein Mann zaghaft ein Zeichen. Er wartet auf uns. Wir sind beim Erstbesuch und wissen folgendes: Da liegt eine Frau seit 25 Jahren mehr oder weniger schwer behindert rum. Mit 8 Jahren hatte sie damals einen schweren Autounfall und seitdem pflegt die Mutter sie zuhause. Jetzt geht es ihr nicht mehr gut und die Eltern bitten um ein Krankenbett. Dann bekamen wir eine Telefonnummer mit der Bitte, doch zu helfen. Der Mann führt uns in einen alten Wohnblock noch von der kommunistischen Zeit. Das Treppenhaus ist ziemlich runtergekommen und sehr zugig und eng. Wir müssen in den fünften Stock – ein Aufzug existiert nicht. Immer wieder stoppen wir an der Treppenbiegung und Miriam misst aus, ob wir da überhaupt mit einem Pflegebett um die Ecken kommen. In jedem Fall wird es knapp werden. Dann sind wir in der sehr engen Wohnung. Die Mutter kommt uns entgegen. Die schwer behinderte Tochter liegt auf einem Sofa, ein richtiges Bett hat sie nicht. Athilda hat schwere Kontrakturen und scheint weit weg zu sein. Wir können keine wache Reaktion auf unser Erscheinen erkennen. Die Mutter sagt, dass es ihr seid zwei Monaten schlechter geht, die Krampfanfälle zunehmen und sie auch nicht mehr aktiv kommuniziert. Vorher hatte sie Zeichen mit der rechten Hand gegeben, ab und zu ein Wort formuliert. Jetzt aber gar nicht mehr. Die Mutter weint. Athilda wirkt, als wäre sie weit weg - jenseits des tristen Treppenhauses und grauen Wohnblocks. Ich habe die Klangschale eingenommen. Und wir lassen sie klingen, dann nochmal und nochmal. Irgenwie horcht sie in sich hinein, dann zuckt ihr Mundwinkel. Dann beginnt Athilda zu schlecken und sich leicht zu bewegen. Es ist, als komme das Leben zurück. Ich gebe ihr den Klöppel in die Hand und schlage mit ihr den Klang. Es gefällt ihr. Ein neuer, fast himmlischer Klang ist im fünften Stock des grauen Wohnblocks eingekehrt.

22 12 23